Der Eigenmietwert gehört seit Jahrzehnten zu den umstrittensten steuerpolitischen Themen in der Schweiz. Während die einen ihn als zentralen Baustein der steuerlichen Gleichbehandlung von Mietern und Eigentümern verteidigen, kritisieren andere die Regelung als unzeitgemäss, bürokratisch und verzerrend. Besonders für Eigenheimbesitzer mit abbezahlter Hypothek führt die Besteuerung eines „fiktiven Einkommens“ häufig zu Diskussionen.
Was ist der Eigenmietwert?
Der Eigenmietwert ist ein fiktiver Mietwert, der Hauseigentümer für ihr selbstbewohntes Wohneigentum versteuern müssen.
Damit soll sichergestellt werden, dass Eigentümer steuerlich nicht bessergestellt sind als Mieter: Wer in der eigenen Immobilie lebt, profitiert von einer „ersparten Miete“ – und dieser Vorteil wird als Einkommen besteuert.
- Grundlage: kantonale Schätzungen oder Bewertungsmodelle
- Höhe: in der Regel 60–70 % des marktüblichen Mietwerts
- Beispiel:
- Marktmiete: CHF 2 000 / Monat → CHF 24 000 / Jahr
- Eigenmietwert 70 % → CHF 16 800 / Jahr steuerbares Einkommen
Im September 2025 hat die Schweiz mit 57,7 % Ja-Stimmen entschieden, den Eigenmietwert abzuschaffen. Die Abstimmungsergebnisse zeigen, wie stark das Thema das Land bewegt hat.

Abzüge und steuerliche Effekte
Im Gegenzug können Eigentümer folgende Positionen steuerlich geltend machen:
- Hypothekarzinsen
- Liegenschaftsunterhalt (pauschal oder effektiv)
- Gebäudeversicherungen und Verwaltungskosten
- Denkmalpflegekosten (sofern anwendbar)
Gerade für Eigentümer mit hoher Hypothekarbelastung kann der Eigenmietwert so steuerlich neutralisiert oder sogar überkompensiert werden. Umgekehrt bedeutet eine abbezahlte Hypothek oft: zusätzlich steuerbares Einkommen ohne Abzugsmöglichkeiten.
Aktuelle Zahlen und Fakten
- Laut Daten des Bundesamt für Statistik sind rund 39 % der Schweizer Haushalte Eigentümer ihres Wohnraums (Stand 2023) – Tendenz steigend.
- Die durchschnittliche steuerbare Eigenmietwertquote liegt je nach Kanton zwischen 55 % und 80 % des effektiven Marktwerts.
- Besonders betroffen sind Eigentümer in städtischen Regionen, wo die Marktmieten stark gestiegen sind, aber die Eigenmietwertbemessung oft hinterherhinkt oder kantonal unterschiedlich geregelt ist.
Reformbestrebungen und politische Diskussion
Seit Jahren wird über eine Abschaffung oder Reform des Eigenmietwertsystems diskutiert. Im Zentrum stehen dabei folgende Vorschläge:
- Abschaffung des Eigenmietwerts für selbstbewohntes Wohneigentum
→ dafür gleichzeitig Einschränkungen beim Schuldzinsenabzug. - Harmonisierung der Bewertungsgrundlagen
→ kantonal einheitlichere Ermittlung, weniger Ungleichbehandlung. - Einführung alternativer Modelle
→ z. B. pauschale Besteuerung, Ersatz durch Immobilienwertkomponenten.
Mit der Annahme der Vorlage hat sich die Mehrheit der Schweizer Stimmbevölkerung klar für eine Reform entschieden. Die konkrete Umsetzung wird in den nächsten Jahren kantonal und bundesrechtlich ausgestaltet.
Unsere Einschätzung aus Treuhand-Sicht
Für viele Eigentümer – insbesondere im Pensionsalter – wird der Eigenmietwert zunehmend zur steuerlichen Belastung, da Hypotheken oft teilweise oder ganz abbezahlt sind. Gleichzeitig hat das bestehende System klare lenkungspolitische Effekte: Es begünstigt, eine gewisse Verschuldung beizubehalten, um steuerlich optimiert zu bleiben.
Aus unserer Sicht sind drei Punkte zentral:
🔸 Eine Reform muss Planungssicherheit schaffen und langfristig tragfähig sein.
🔸 Steuerliche Anreize sollten nicht zu übermässiger Verschuldung führen.
🔸 Eine faire Lösung muss kantonsübergreifend kohärent sein.
Empfehlungen für Eigentümer
- Eigenmietwert prüfen: Die Bemessung kann je nach Kanton veraltet sein – ein Überprüfungsgesuch kann sich lohnen.
- Abzugsmöglichkeiten ausschöpfen: Unterhaltsarbeiten oder Zinszahlungen strategisch planen.
- Langfristige Steuerplanung: Insbesondere bei geplanter Hypothekarreduktion im Alter rechtzeitig Szenarien berechnen lassen.
- Reformen im Auge behalten: Eine allfällige Abschaffung des Eigenmietwerts hätte direkte Auswirkungen auf Abzugsmöglichkeiten.
Fazit
Mit der Annahme der Abstimmung vom 28. September 2025 steht fest: Der Eigenmietwert wird in den kommenden Jahren schrittweise abgeschafft. Damit endet ein jahrzehntelanges politisches Ringen um eines der umstrittensten Steuerinstrumente der Schweiz. Für Eigentümer bedeutet das: rechtzeitig planen, um die künftigen steuerlichen Rahmenbedingungen optimal zu nutzen.